Das erste internationale

Expertensymposium im 3D Bereich.

3D-Symposium 2012 3D-Festival 2011
New 3D-Dramaturgy
Keith Cunningham

Wird sich auf Grund der 3D-Kinematographie eine neue Dramaturgie entwickeln?

Die 3D-Kinematographie wird nicht zwangsläufig die Wahrnehmung der Story verändern. Durch technische Entwicklungen könnte eine konzeptionelle Revolution hervorgerufen werden, die jedoch das bisherige Verständnis nicht ersetzen kann. Wenn wir allerdings 3D als Metapher für ein neues Weltverständnis verstehen, dann kann 3D sehr provozierende Auswirkungen haben. Wie würde möglicherweise eine Dramaturgie, speziell für 3D, aussehen? Die Antwort auf diese Frage hängt von dem Rahmenwerk ab, welches man um die Story herum strickt. Warum sind wir verpflichtet, Geschichten zu erzählen? Warum ist Drama wichtig? Was ist unsere Beziehung zu den Zuschauern?

Der derzeitig dominante Erzählrahmen, den wir um das Drama platzieren, ist größtenteils ein Überrest der materialistischen Weltanschauung Newtonscher und Cartesianischer Prägung . Es ist ein Blickwinkel, der sich auf gottähnliche Gestalten fokussiert, welche eine Welt voller Objekte kontrollieren. Der Medienmarkt ist ein Perpetuum Mobile, wobei Filmproduzenten, mit der Kontrolle des Mediums und des Diskurses, die Zuschauer beeinflussen. Dies ist eine einseitige Massenkommunikation. Das Echo von Newtons kollidierenden Billardkugeln ist nicht weit entfernt. Wie in Newtons mechanischem Universum, war Gott einst nicht mehr Teil der Dramaturgie. Der Fokus rückte immer weiter auf den Kampf der eigenen Willenskraft, um das Universum zu dominieren. Das war ein ganz anderer dramatischer Erzählrahmen als in früheren Dramen der altertümlichen Theater. Es resultiert auch daraus, dass die Wissenschaft die Welt nun genauso betrachtet, wie sie wirklich funktioniert.

3D Kinematographie impliziert ein durchdachteres Abbild eines dreidimensionalen Raumes auf einen zweidimensionalen Bildschirm. Der Betrachter ist platziert in einer virtuellen Tiefendimension, anstatt einfach nur von einem externen Cartesianischen Standpunkt zu beobachten. 3D beinhaltet die bi-optische Natur des lebendigen Sehprozesses und mit diesem die notwendige Ambiguität zwischen zwei abweichenden Informationsarten, welche von dem Betrachter selbst überwunden werden muss. Das Ergebnis ist eine andersartige und tiefergehende Bindung, weil der Betrachter sich integriert fühlt und sich als Teil des dramatischen Raumes (an)sieht.

“3D” als Metapher die in die Dramaturgie übertragen werden kann, die vielleicht einen systembedingteren und ökologischeren Ansatz des Storytellings generieren könnte: Mit Fokus auf die Wechselbeziehung der Elemente (Charaktere, Beziehungen, dramatische Ereignisse) innerhalb der Systeme (Gesellschaft und evolvierende Systeme) und der Systeme innerhalb der Ökologie. Die alten Vorstellung in der Politik, der Ökonomie und dem Ressourcenmanagement, dass der Mensch “über” der Welt steht und diese von einem Cartesianischen Standpunkt der “Objektivität” kontrolliert, ist tot. Wir sind genauso integriert in unsere Welt, wie der Betrachter virtuell in die Handlung eines 3D-Filmes integriert ist: verwickelt in die Handlung, weil er den gleichen Raum teilt.

Eine 3D-Dramaturgie kann letztendlich so unterschiedlich zu zeitgenössischen Mainstream-Filmproduktionen sein, wie die heutige Filmproduktion sich vom altertümlichen Theater oder dem Noh Drama aus Japan unterscheidet. Es könnte betonen, dass alles in Beziehung steht; es könnte verschiedene Blickwinkel betonen – sogar verschiedene Sehdimensionen, die sich gleichzeitig ereignen. Die neue Art der Dramaturgie könnte zunehmend reflexiv sein: Die Zuschauer sollen nicht mehr reagieren, sondern antworten. Sie könnte über die traditionellen, dramatischen Abwicklungen mit den Zuschauen, der Katharsis und der Mimesis hinausgehen, um die Zuschauer mit wachsendem Feedback und gemeinsamer Erschaffung einschließlich Social Media Strategien, Flash Events etc. einzubeziehen. Und die neue Art der Dramaturgie könnte als Schöpfung gesehen werden: in Kontakt treten mit den Zuschauern, um ein Gemeinschaftsgefühl und eine Bindung aufzubauen, anstatt den derzeitigen Ansatz zu wählen, in dem die Zuschauer wie automatisierte Konsumenten behandelt werden.

3D als eine kinematographische Technologie wird diese Entwicklungen selbst nicht bewirken. Ob 3D mehr als nur ein weiteres Werkzeug innerhalb eines gefährlich veralteten Weltbild wird oder ein Vorläufer für eine neue Art des Umgangs mit Drama, mehr im Einklang mit dem heutigen Weltverständnis, hängt sehr davon ab, ob wir 3D als eine kraftvolle Metapher für eine neue Sichtweise sehen.

Lebenslauf

Keith Cunningham ist Filmemacher, Drehbuchautor und Berater in Chicago, Illinois, USA und in Castagneto Carducci, Italien. Er ist ist jetzt seit 35 Jahren Filmemacher, seit 25 Jahren Drehbuchautor und Leiter von Kreativworkshops und arbeitet seit 20 Jahren in Europa.

Geboren und aufgewachsen ist Keith Cunningham in den Vereinigten Staaten. Er studierte Film auf der Northwestern University wo er 1974 seinen Abschluss machte. Sein Studentenfilm „A May Carol“ wurde auf mehreren Festivals gezeigt. In den darauffolgenden 6 Jahren war er als freiberuflicher Kameramann und Oberbeleuchter unterwegs. Außerdem entwickelte er seine eigenen Filmprojekte und schrieb an Kurzgeschichten und Gedichten.

In dieser Zeit begegnete er einigen eindeutig einflussreichen Lehrern und Leitern, zum Beispiel dem Theaterintendanten Peter Sellars, dem Mythologen Joseph Campbell, dem Psychologen Jean Houston, dem Philosophen Alan Watts und Autor Anaïs Nin.

Allmählich entwickelte er eine Ambition seine kreative Arbeit mit Psychologie zu verbinden und beendete 1981 seinen Master in Psychologie. Aus diesem Training heraus begann er seine ersten Seminare über steigernde Kreativität, das Managen von kreativen Beziehungen und lebenslange Kreativität. Er war für verschiedene Klienten, kreative Gruppen, Theater und Tanzfirmen in der Beratung tätig.

Durch ein Treffen mit Drehbuchautor Thomas Schlesinger 1980 entstand eine Synthese von Kreativität und Filmemachen. Danach arbeitete er für 9 Jahre als Professor für Film und Video in Chicago. Zu seinen Schülern gehörten zum Beispiel Kameramann und Oscar-Gewinner Janusz Kaminski (Schindler’s Liste, etc.), Kameramann Mauro Fiore (Avatar), und Produzent Diane Weyermann (Eine Unbequeme Wahrheit).

Keiths Darstellung von Joseph Campbell’s mythischer Perspektive und deren Relevanz für das Drehbuchschreiben am Amerikanischen Filminstitut von New York war das erste Zusammenfügen von Mythenbildung, Psychologie und Drehbuchschreiben.

Es ist Keith Cunninghams Stärke Kreative Recherche, Psychologie, die mythische Perspektive und die Sensibilität des Dramas zusammenzuführen. Aus jahrelangem Arbeiten an diesen Themen entstand ein neues Buch: „The Soul of Screenwriting“. Außerdem wurde ein weiteres Buch zu seinen Seminaren veröffentlicht und seine Essays sind in zahlreichen Zeitschriften und Büchern erschienen.

Mr. Cunninghams renommierte Drehbuchseminare mit seinem Geschäftspartner expandierten im Jahre 1989 nach Europa, dann nach Marokko, den mittleren Osten und darüber hinaus.

In dieser Zeit entwickelte er TV Serien und seine eigenen Skripte für TV Episoden und Filme, welche von den deutschen Fernsehsendern RTL und Pro7 produziert wurden. Momentan ist er Mitentwickler, Co-Produzent und leitender TV Autor einer 34 Episoden langen TV Serie in Marokko (L’Etranger). Desweiteren arbeitet er an 2 Drehbuchprojekten in Deutschland und ist Co-Drehbuchautor in Istanbul. Keith ist in vielen Ländern sehr gefragt für Drehbuch-Weiterentwicklungsprojekte.

Im Jahre 2009 etablierte er „The Story Arks Institute“ (SAI). Dieses Institut unterstützt eine neue Herangehensweise an dramatisches Storytelling, die Vergegenwärtigung der proaktiven Rolle des Dramas und der Medien in unserer neuen Ära des Klimawandels und der sozialen und Ökonomischen Unruhen (www.storyarksinstitute.net)